Über die Zeitschrift
Regionale Sprachen und ihre Literaturen stehen in einer historisch begründeten Konkurrenzsituation zu den jeweiligen Standardsprachen, die sie überdachen. In dieser Konkurrenzsituation erhalten regionale Formen gegenüber standardsprachlichen nur selten größere Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit in der Forschung. Die neue Zeitschrift für regionale Sprache und Literatur ermöglicht jedoch unter ihrem sprechenden Haupttitel
RegioLingua den Vortritt des Regionalen und bietet ein vielseitig ausgerichtetes Publikationsforum für Arbeiten zu Sprachdaten und Texten jenseits der standardsprachlichen Diskurse. Damit ruft sie ein umfassendes Feld der Sprachwirklichkeit einschließlich seiner künstlerischen Gestaltung in Geschichte und Gegenwart auf.
Die interdisziplinäre Verknüpfung sprachwissenschaftlicher und literaturwissenschaftlicher Zugänge bereits im Untertitel der Zeitschrift rückt die beteiligten Sprachformen und nicht die verwendeten Methoden und Forschungsparadigmen in den Vordergrund. Spezifische Einzelfachkulturen bilden nicht den Fokus der Zeitschrift. Vielmehr besteht ihr Interesse darin, im Disziplinengrenzen überschreitenden Zugriff die weitreichenden Dimensionen von regionaler Sprache und Literatur sichtbar zu machen, um auf diese Weise Bezüge zu verdeutlichen, die an anderen Stellen des Diskurses bisher weniger deutlich beleuchtet wurden.
Mit dem Begriff ‚Regionale Sprache‘ bzw. ‚Regionalsprache‘ ist im Kontext der Zeitschrift jede regional spezifische oder in ihrer räumlichen Reichweite begrenzte Varietät im Spektrum vom standardfernen Basisdialekt bis zum standardnahen Regiolekt angesprochen. Entsprechend ist der Terminus ‚Regionale Literatur‘ bzw. ‚Regionalliteratur‘ in erster Linie sprachlich determiniert. Beide Begriffe heben auf sprachliche und literarische Phänomene ab, die erst mit der Herausbildung einer Standardsprache und einer standardsprachlichen Literatur und in Abgrenzung zu dieser ihre Konturen gewinnen. Willkommen sind aber ausdrücklich auch solche Beiträge, die sich mit älteren Sprachstufen und literarischen Artefakten beschäftigen, sofern sie speziell das Altsächsische und Mittelniederdeutsche als ältere Sprachstufen des Niederdeutschen betreffen oder allgemein Fragen der regionalen Sprachvariation in einer historischen Perspektive berühren.
Die RegioLingua. Zeitschrift für regionale Sprache und Literatur versteht sich vornehmlich als Publikationsforum für Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen der Fachgebiete Dialektologie und Regionalsprachenforschung des Deutschen sowie niederdeutsche Sprach- und Literaturwissenschaft. Daneben ist sie auch geöffnet für Arbeiten zu weiteren regional bestimmten Sprach- und Literaturformen.
Anliegen und inhaltliches Profil der Zeitschrift resultieren aus ihrem Entstehungshintergrund. Seit 2011 veranstalten das Forum Sprachvariation der Internationalen Gesellschaft für Dialektologie des Deutschen (IGDD) und das Nachwuchskolloquium des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung (VndS) jährlich ein gemeinsames Kolloquium, das Studierenden eines Masterstudiengangs, Promovierenden und Habilitierenden, die zur Dialektologie und Regionalsprachenforschung sowie zur älteren und neueren niederdeutschen Sprach- und Literaturwissenschaft arbeiten, die Möglichkeit bietet, ihre Projekte vorzustellen und zu diskutieren. Mit den Kolloquien verband sich für die Referent*innen von Beginn an die Möglichkeit, ihre Beiträge in einem Tagungsband zu publizieren. Mehrere Bände sind bereits erschienen – entweder in gedruckter Form in der Reihe Kleine und regionale Sprachen (KURS) oder in der Zeitschrift Germanistische Linguistik (GL) und in weiteren Reihen sowie als digitales Themenheft der Zeitschrift Linguistik Online. Die bisherigen Erträge der Kolloquien wurden auf diese Weise eher verstreut publiziert und sind kaum im Zusammenhang erkennbar. Zudem stellte sich immer wieder aufs Neue die Frage nach der Finanzierung des Druckkostenzuschusses.
Um stattdessen die Sichtbarkeit der aktuellen Forschung zur regionalen Sprache und Literatur in all ihren Ausprägungen und Gebrauchskontexten nachhaltig zu erhöhen, den Redaktions- und Publikationsprozess gleichzeitig strukturierter und effektiver zu gestalten und kostenneutral arbeiten zu können, haben wir die RegioLingua gegründet.
Die Zeitschrift ist dabei nicht allein auf Beiträge aus dem Forum Sprachvariation der IGDD und dem Nachwuchskolloquium des VndS begrenzt, sondern lädt auch darüber hinaus Early Career Researchers aus der germanistischen regionalen Sprach- und Literaturforschung ausdrücklich dazu ein, Beitragsvorschläge für die Zeitschrift einzureichen. Als Redaktions- und Herausgabeteam der RegioLingua wollen wir damit aktiv die junge Forschung, zumal mit einem offenen und für alle frei zugänglichen Forum wissenschaftlicher Kommunikation, fördern.
Die Begründung einer neuen Zeitschrift mit diesem Profil fassen wir zugleich als dynamische Bereicherung des Spektrums etablierter Publikationsorgane zur regional ausgerichteten Sprach- und Literaturforschung auf (Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik, Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung, Korrespondenzblatt des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung, Niederdeutsches Wort, Jahrbuch der Klaus-Groth-Gesellschaft u. a.).
Die neue elektronische Zeitschrift wird über das Open Journal System (OJS) der Universitätsbibliothek der Philipps-Universität Marburg gehostet und erscheint als Diamond Open Access-Publikation. Sie wird einmal jährlich unter der Creative Commons Lizenz CC-BY 4.0 veröffentlicht und langzeitarchiviert. Beiträge erbitten wir jeweils bis zum 1. März; die Veröffentlichung nach sorgfältiger redaktioneller Bearbeitung und einem qualitätssichernden Peer-Review-Verfahren ist für den Herbst eines jeden Jahres geplant. Abgesehen davon können auch Themenhefte von Gastherausgeber*innen in der RegioLingua veröffentlicht werden. Publikationssprachen der Zeitschrift sind Deutsch und Englisch.