Altsächsisch von Frauenhand

Die sächsischen Kanonissenstifte und das Altsächsische

Autor/innen

  • Christoph Hössel Universität Trier

DOI:

https://doi.org/10.17192/regiolingua.2024.1.1.8740

Schlagworte:

Altsächsisch, frühmittelalterliche volkssprachige Überlieferung, Kanonissenstift, (Alt-)Sachsen

Zusammenfassung


Kanonissenstifte und insbesondere die in Sachsen zur Zeit der Ottonen gegründeten Kanonissenstifte sind seit den 1990er Jahren zunehmend ins Licht der Forschung gerückt. Historikerinnen und Historiker, Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker sowie Paläographinnen und Paläographen konnten dabei eine zentrale Bedeutung dieser kaisernahen Gründungen für das ottonische und frühsalische Reich nachweisen. In erhaltenen Kirchenschätzen, Bauwerken und Handschriften spiegelt sich bis heute deren ehemals exponierte Stellung. Aber auch in der Frage der Bildung nahmen die Stifte eine wichtige Rolle ein: Sie besaßen oft eigene Skriptorien, Bibliotheken und Schulen, und die Kanonissen rezipierten theologische und klassisch-antike Literatur und produzierten sogar eigene (Hrotswit von Gandersheim). Aufgrund der paläographischen Erkenntnisse von H. Hoffmann und K. Bodarwé zu den Schriftzeugnissen dieser Kanonissenstifte lässt sich schließlich auch ein Großteil der altsächsischen Zeugnisse in den Kontext der Schriftproduktion in den Stiften stellen. Nicht nur, dass diese stiftische volkssprachige Überlieferung das gesamte Spektrum der altsächsischen Texte – von Glossen bis zum Heliand – umspannt, sie deckt ebenso wichtige Bereiche des Lebens der Kanonissen ab. Es finden sich religionspraktische Literatur (Beichtspiegel), theologische Kommentare (Gandersheimer Psalmenkommentar), Predigtliteratur (Allerheiligenhomilie und Gregor-Glossen), Glossen zur Bibel und zur Bibeldichtung (Juvencus und Prudentius) sowie zum Teil ausführliche Wirtschaftstexte (Freckenhorster Heberegister). Darüber hinaus reicht die Überlieferung vom 10. Jahrhundert bis zum Ende der altsächsischen Zeit um 1200. Als Konsequenz dieser Erkenntnisse kann das Altsächsische geradezu als die Sprache der Kanonissen sächsischer Stifte verstanden werden.

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Veröffentlicht

2024-09-05

Zitationsvorschlag

Hössel, C. (2024) „Altsächsisch von Frauenhand: Die sächsischen Kanonissenstifte und das Altsächsische“, RegioLingua. Zeitschrift für regionale Sprache und Literatur, 1(1), S. 11–33. doi: 10.17192/regiolingua.2024.1.1.8740.